Sonntag, 2. August 2015

Marathon

Vor einigen Jahren war mein Leben wie ein Marathonlauf und das Ziel war eine bessere Zukunft! Aber gibt es wirklich eine bessere Zukunft!? Alles was mir wichtig war, entpuppte sich als große Lüge. Die allermeisten Freunde, die ich zuvor hatte, waren keine Freunde! Jedenfalls hat sich nur einer dieser Personen wie ein Freund verhalten und die anderen haben mich schwer enttäuscht, nur ausgenutzt oder verarscht. Ähnlich war es mit den Frauen die ich kennenlernte. Und wenn dann doch mal eine auftauchte, die für mich interessant war, hatte sie keinerlei Interesse an mir! Eigentlich hatte generell niemand mehr Interesse an mir, auch nicht in meiner Familie. In dieser Zeit wurde mein Selbstwertgefühl ziemlich geschwächt und das nicht nur wegen den nichtvorhandenen Freunden und den desinteressierten und herablassend kommentierenden Frauen, sondern auch, weil ich keines meiner angepeilten Ziele erreichen konnte! Im Gegenteil ging es sogar immer weiter bergab, bis ich letztlich ganz am Boden angekommen bin! Ich rannte weg vor dieser bösen Welt, so schnell ich konnte. Der Marathon begann... aber wohin sollte ich rennen? Alle Ziele die ich einst hatte, erschienen nun völlig sinnlos oder gar unerreichbar zu sein und neue hatte ich nicht. Ich wollte nur weg. Weit weg!

Ich nahm eine andere Route, die mich in die virtuelle Welt führte. Am Rande tauchten andere Personen auf, sie waren netter. Manche heiterten mich auf und brachten mich zum lachen. Andere tauchten auf und ermutigten mich, wenigstens ein Lebensziel wieder aufzunehmen! Aber diese Personen waren nicht echt! Sie standen nicht wirklich am Wegesrand und sie liefen auch nicht wirklich mit. Sie waren nur Projektionen auf einem Bildschirm! Dieser Bildschirm ging immer nach ein paar Stunden aus und ich war wieder allein. Ich lief als Einziger diesen Marathon weiter, in der Dunkelheit der Nacht und ich wusste noch immer nicht wohin ich rennen soll! Ich rannte einfach. Bloß weg von hier. Weiter, immer weiter! In eine bessere Welt! Aber wie sollte diese Welt aussehen? Was sollte ich dort tun? Wie würde es dort weiter gehen? Fragen wie diese waren meine einzigen Begleiter, wenn der Bildschirm ausging.

Es wurde nebelig, immer dichter und dichter. Ich konnte den Weg vor mir immer weniger erkennen und sah nur bis kurz vor meinen Füßen. Ich war orientierungslos, rannte mehrmals im Kreis und oft in Sackgassen. Immer wieder musste ich zurück, aber fand den ursprünglichen Weg nicht mehr wieder. Wohin musste ich gehen? Die Bildschirme tauchten immer noch am Rande auf. Ich pausierte... lange... ich saß da und dachte "Wozu rennst Du eigentlich weiter? Du wirst niemals irgendwo ankommen! Niemals!"

Ich hörte ein Geräusch. Schritte kamen immer näher. Im Nebel tauchte ein Schattenumriss auf, der immer deutlicher wurde. Es war ein Mädchen, das in meine Richtung rannte und sagte "Hey! Steh hier nicht so rum! Du musst weiter gehen! Mach nicht schlapp, sonst kommst Du nie am Ziel an!"- Sie lief den selben Marathon, aber sie war einige Schritte schneller! Ich rannte hinterher und versuchte dicht hinter ihr zu bleiben, was nicht sehr leicht war, denn immer wieder tauchten Äste und Steine auf, über die ich stolperte oder hängenblieb. Mehrmals fiel ich hin, aber immer wieder rief sie "Gib nicht auf! Lauf weiter! Wir können gemeinsam in's Ziel laufen, wenn Du nicht aufgibst und einfach weiter läufst!" - Ich stand immer wieder auf, versuchte immer wieder aufzuholen, schaffte es aber nie das gleiche Tempo wie sie zu halten. Sie war so nah und doch einige Meter entfernt - Trotzdem kamen wir in's Gespräch und so stellten wir bald fest, dass wir uns sehr ähnlich sind und das gleiche Ziel haben: eine bessere Zukunft!

Ich bemühte mich mehr und mehr auf Tempo zu kommen, immer schneller und schneller um auf gleicher Höhe mit ihr zu laufen. Immer wieder verletzte ich mich dabei, musste stehen bleiben, kurz pausieren und wieder aufholen. Ich war mit meiner Kraft längst am Ende, aber immer wieder motivierte sie mich weiter zu gehen, um gemeinsam mit ihr durch die Ziellinie zu schreiten!

Ein anderer Läufer tauchte auf, er war vor uns. Sie holte ihn auf, lief neben ihm her und kam mit ihm in's Gespräch. Ich rannte allein hinterher, versucht das Tempo der beiden zu halten, aber die Distanz war größer als zuvor und sie weitete sich immer mehr aus. Ich dachte, dass ich nun doch wieder allein weiter laufen muss, aber genau in diesem Moment drehte sie sich um und rief mir zu, dass ich weiter laufen muss, um mit ihr durch das Ziel zu gehen. Diese Situation wiederholte sich mehrmals. Der andere Läufer verschwand im dichten Nebel, ein anderer nahm seinen Platz ein und immer wieder dachte ich, dass es vielleicht doch nichts bringt. Vielleicht sollte ich doch einfach stehen bleiben. Sie kam ein Stück zurückgelaufen, rief mir zu und ermutigte mich abermals weiter zu rennen! Aber sie blieb nicht stehen! Sie ging genau so schnell wieder zurück auf ihrem alten Kurs, wie sie zu mir gekommen war...

Ich rannte und rannte. Meine Kraft war am Ende! Helfer tauchten am Rand auf, einer lief neben mir her und gab mir Verpflegung und Getränke, nicht nur für den Rest des Weges, sondern auch für darüber hinaus. Ich bekam Kraft, konnte schneller rennen als zuvor und kam ihr näher und näher! Der Nebel zog immer mehr ab und ich konnte den Weg vor mir klarer sehen, als jemals zuvor! Von weitem konnte man schon die Ziellinie sehen und ich war mit ihr fast auf einer Höhe, als etwas ungewöhnliches passierte: Sie blieb stehen! Kurz vor dem Ziel! Warum tat sie das?

"Was ist los? Willst Du nicht durch's Ziel laufen? Das war doch unser Plan!" - Sie sah mich nur verbittert an und brüllte "Es war nie mein Plan durch diese Ziel zu gehen! Eigentlich ist dieser Marathonlauf auch totaler Mist und ich hab schon keine Lust mehr auf diesen Scheiß! Und überhaupt, weiss ich gar nicht, wieso wir durch dieses Ziel laufen sollten! Du kannst da alleine durchrennen, ich will dich sowieso nicht mehr sehen, weil ich diesen Sport nicht mehr mag und Du warst ohnehin nur ein ganz schlechter Läufer!" - Ich war entsetzt und wütend zugleich! "Dann verschwinde doch in den scheiss Wald und werd glücklich!"

Ich drehte mich um, sie ging. Ich.... blieb stehen, schaute auf die Ziellinie, die nur wenige Schritte vor mir lag und bemerkte, wie sinnlos dieser Marathonlauf eigentlich war! Es fing an zu regnen, aber ich blieb immer noch stehen. Später setzte ich mich am Wegesrand unter einem Baum und wartete. Aber worauf warte ich? Warum gehe ich nicht trotzdem durch's Ziel? Deswegen bin ich doch schliesslich losgelaufen!? Aber war es wirklich dieses Ziel, was ich erreichen wollte? Ich schaute auf dem Banner und las "Finish-Line" - Finish bedeutet aber auch Ende und so dachte ich, dass es vielleicht eine Botschaft für mich ist. Ein Hinweis aufzuhören und nicht mehr auf diese bessere Zukunft zu hoffen. Ich drehte dem Zielbanner dem Rücken zu und ging mit langsamen Schritten in den tiefen Wald hinein...

Warum hast Du aufgegeben!? Warum!?!?

EDIT: Ich erwarte nicht, dass irgendjemand dieses Posting versteht, aber ehrlich gesagt, ist mir das auch egal!

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